Warum SBB, ÖBB und jetzt auch die Deutsche Bahn auf SAFe setzen: Herausforderungen und Lösungen
In den letzten Jahren haben sich viele europäische Bahngesellschaften, darunter die SBB (Schweizerische Bundesbahnen), die ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) und die Deutsche Bahn, für die Einführung des Scaled Agile Frameworks (SAFe) entschieden.
Diese Entscheidung ist eine Reaktion auf die komplexen Herausforderungen, mit denen diese Unternehmen in einem sich rasant verändernden Markt konfrontiert sind. In diesem Blogbeitrag schauen wir uns an, warum SAFe für die Bahnunternehmen eine attraktive Lösung darstellt, welche Herausforderungen bestehen und wie SAFe zur Bewältigung dieser beitragen kann.
Aktuelle Herausforderungen im Bahnbereich
1. Marktentwicklungen und zunehmender Wettbewerb
Die europäischen Bahngesellschaften stehen einem verstärkten Wettbewerb durch private Anbieter und neue Mobilitätsformen wie Carsharing oder Flugtaxis gegenüber. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Bahnen ihre Angebote kontinuierlich verbessern und modernisieren. Dies erfordert schnellere Innovationszyklen und eine hohe Anpassungsfähigkeit an neue Technologien wie Digitalisierung, Automatisierung und elektronische Fahrassistenzsysteme.
2. Generationenwandel und steigende Kundenerwartungen
Der Generationswechsel bei den Bahnfahrgästen bringt veränderte Erwartungen mit sich. Die Millennials und Generation Z legen großen Wert auf digitale Services, Personalisierung und umweltfreundliche Mobilität. Sie erwarten Echtzeit-Informationen, nahtlose Buchungsprozesse und schnelle Reaktionszeiten bei Problemen. Bahngesellschaften müssen nicht nur technologische Innovationen einführen, sondern auch ihre Kundenerlebnisse kontinuierlich optimieren.
3. Komplexe Projektstrukturen und lange Time-to-Market
Traditionell arbeiten viele Bahngesellschaften in hierarchischen Strukturen, die oft durch langwierige Entscheidungsprozesse und Silodenken geprägt sind. Diese Strukturen führen zu langsamen Time-to-Market-Zyklen bei der Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen. Projekte dauern häufig Jahre und enden nicht selten mit Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Angesichts des Innovationsdrucks ist dies nicht mehr tragbar.
4. Innovationsfähigkeit und Digitalisierung
Die Bahnbranche steht zudem vor der Herausforderung, ihre Systeme zu digitalisieren und zukunftsweisende Technologien wie KI, IoT und Big Data zu integrieren. Die Umstellung von veralteten IT-Infrastrukturen auf modernere Systeme ist jedoch oft eine Mammutaufgabe, die hohe Flexibilität und enge Zusammenarbeit erfordert.
5. Budgetierung und Kostenkontrolle bei Großprojekten
Ein weiteres zentrales Problem bei Bahnunternehmen sind die hohen Kosten, insbesondere bei Infrastrukturprojekten. Viele dieser Projekte sind durch bürokratische Hürden, ineffiziente Budgetierung und mangelnde Flexibilität bei der Ressourcenallokation belastet. Da es sich bei vielen dieser Mittel um öffentliche Gelder in Milliardenhöhe handelt, ist eine verbesserte Kostenkontrolle, Transparenz und Voraussagbarkeit bei der Projektplanung und -umsetzung dringend notwendig.
Wie hilft SAFe bei diesen Herausforderungen?
Das Scaled Agile Framework (SAFe) bietet eine strukturierte, aber flexible Lösung, um den steigenden Anforderungen in der Bahnbranche gerecht zu werden. Es handelt sich um ein Framework, das agile Prinzipien auf Unternehmensebene skaliert und Unternehmen dabei hilft, agiler zu werden und schneller auf Marktanforderungen zu reagieren.
1. Lean Portfolio Management und Lean Budgeting
Ein zentrales Element von SAFe ist das Lean Portfolio Management (LPM), das Unternehmen wie die SBB und ÖBB in die Lage versetzt, ihre Ressourcen effizienter zu verwalten und strategische Ziele kontinuierlich zu überprüfen. LPM ermöglicht es, Projekte schneller zu priorisieren, umzusetzen und dabei gleichzeitig die Kontrolle über große Budgets zu behalten. Gerade bei Bahnunternehmen, wo es um Milliardenbeträge und oft öffentliche Steuergelder geht, ist diese Transparenz und Flexibilität von unschätzbarem Wert.
Lean Budgeting ergänzt LPM, indem es traditionelle Budgetierungsprozesse entbürokratisiert und flexibler gestaltet. Das bedeutet, dass anstelle fester Projektbudgets dynamische Budgetrahmen verwendet werden, die je nach Projektfortschritt angepasst werden können. Dies bietet eine bessere Voraussagbarkeit und hilft, Kostenüberschreitungen zu vermeiden. Zudem ermöglicht es eine schnellere Reaktion auf Veränderungen, sodass Ressourcen effizienter eingesetzt werden können.
Beispiele, wie SAFe hier konkret helfen kann:
Schnellere Anpassung an Marktveränderungen: Projekte, die im Laufe der Zeit an Relevanz verlieren, können schnell gestoppt oder umgeplant werden, ohne dass langfristig Kapital gebunden bleibt.
Effektivere Nutzung von Geldern: Anstatt im Voraus große Summen für langwierige Projekte zu blockieren, können Mittel agil verteilt werden, je nachdem, welche Projekte am meisten Wert liefern.
Bessere Kontrolle: Durch die regelmäßige Überprüfung der Projektfortschritte und der finanziellen Mittel haben die Bahnen jederzeit einen genauen Überblick über Kosten und Nutzen.
2. Beschleunigung von Innovationszyklen
Mit SAFe können Bahnunternehmen ihre Time-to-Market drastisch verkürzen. Durch die Einführung von cross-funktionalen Teams, die in kurzen Iterationen arbeiten, wird die Entwicklung neuer Produkte und Services schneller und flexibler. Dies hilft Unternehmen, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen und Kundenbedürfnisse besser zu adressieren.
3. Agile Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg
Ein zentrales Problem vieler Bahngesellschaften ist die Fragmentierung der Arbeitsweise zwischen den verschiedenen Abteilungen. SAFe fördert eine übergreifende Zusammenarbeit, bei der Teams aus verschiedenen Bereichen (z.B. IT, Produktentwicklung, Vertrieb) gemeinsam an Projekten arbeiten. Dies verringert Silodenken und sorgt für eine effizientere Projektdurchführung.
4. Anpassungsfähigkeit an Marktveränderungen
Da der Bahnmarkt einem ständigen Wandel unterworfen ist, ist es essenziell, dass Unternehmen schnell auf Veränderungen reagieren können. SAFe bietet durch die kontinuierliche Planung und Anpassung die Flexibilität, auf neue Markttrends oder technologische Entwicklungen zu reagieren. Unternehmen können Projekte in Echtzeit priorisieren und ihre Ressourcen dynamisch anpassen.
5. Förderung der digitalen Transformation
SAFe unterstützt Unternehmen dabei, ihre digitale Transformation effizienter zu gestalten. Das Framework ermöglicht es, komplexe IT-Umstellungen und Digitalisierungsprojekte durch eine schrittweise, iterativ ausgerichtete Implementierung zu bewältigen. Dies reduziert das Risiko von Fehlschlägen und sorgt für eine bessere Anpassung an neue Technologien.
Ein weiser Blick in die Zukunft: Warum auch die Deutsche Bahn jetzt auf SAFe setzt
Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Deutsche Bahn das Potenzial von SAFe erkennt und das Framework einführt. Die Deutsche Bahn steht vor ähnlichen Herausforderungen wie die SBB und ÖBB: Digitalisierung, Veränderungen der Kundenbedürfnisse und der Druck, innovativer und effizienter zu werden. Durch die Einführung von SAFe Ende 2023 kann die Deutsche Bahn ab sofort ihre internen Strukturen agiler gestalten, um schneller auf Marktveränderungen zu reagieren und ihre Innovationsfähigkeit zu steigern.
Fazit
SAFe ist für Unternehmen wie die SBB, ÖBB und Deutsche Bahn eine Schlüsselstrategie, um den wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Insbesondere durch Lean Portfolio Management und Lean Budgeting können Großprojekte mit Milliardenbudgets unbürokratischer und effizienter abgewickelt werden. SAFe ermöglicht nicht nur schnellere Time-to-Market-Zyklen und eine höhere Innovationskraft, sondern auch eine bessere Kontrolle über finanzielle Mittel und Ressourcen – ein entscheidender Vorteil, wenn es um den Einsatz öffentlicher Gelder und die Planung von Großprojekten geht.
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